Presse auf Seite der Gefangenen

DIE UNION berichtet

DIE UNION war eine regionale Tageszeitung der Blockpartei CDU in der DDR mit Hauptsitz in Dresden. Seit dem 8. Dezember 1989 berichtet die Zeitung über die Forderungen der Häftlinge in Bautzen II. Am 19. Dezember erscheint wieder ein Artikel.

Aus dem Artikel:

“Das ‘Schweigelager’ Bautzen II hat seine Sprache wiedergefunden, und kaum möchte man es fassen, sogar eine weitestgehend einheitliche zwischen Gefangenen und Anstaltsleitung. […] Von den 110 Insassen des Schweigelagers, die noch in der ersten Dezemberwoche mit ihrem Hungerstreik und der Arbeitsniederlegung die Mauer des Schweigens durchbrechen halfen, sind heute, am 14. Dezember, noch 93 da. 17 Entlassene, die unter die Amnestie fallen bzw. deren Urteile unverzüglich geprüft und für unrechtmäßig befunden wurden. Viele andere 349er, also jene, die eine Strafaussetzung auf Bewährung herbeisehnen, hoffen, Weihnachten bei ihren Familien verbringen zu können. […] Die Strafgefangenen des Schweigelagers wollen sich nicht mehr hinhalten lassen, sie bestehen auf konkreten Zusagen! Sie wollen raus, und sie wollen keinen Tag mehr zu lange damit warten müssen. Zu viele Jahre haben sie hier verbracht, verurteilt nach Paragraphen, für die die jetzige Zeit kein Verständnis mehr hat. Die politische Umorientierung muß und soll hineinreichen bis in die Gefängnisse, muß auch hinter Gittern und Mauern Unrecht beseitigen, wenn es schon nicht mehr wiedergutzumachen ist. […] Und noch einen wichtigen Gedanken formuliert Peter Naundorf: Getreu ihrem nach wie vor uneingeschränkt geltenden Grundsatz ‘Keine Gewalt’, rufen die Gefangenen alle Menschen ‘draußen’ auf, nicht in die schlimmen Zeiten der Lynchjustiz zu verfallen und sich blind auf Uniformierte oder SED-Anhänger zu stürzen. Menschenjagden dürfen sich nicht wiederholen! […] Ob und was sich in allernächster Zeit für die Gefangenen und die Strafanstalten an sich tut, bleibt abzuwarten.”

Quelle: DIE UNION, 19.12.1989, Archiv Gedenkstätte Bautzen.